DGeoJV

Deutsch-Georgische Juristenvereinigung e.V.

Ausrichtung Georgiens in Richtung Europa

Vielen Georgiern ist die westliche Moderne noch fremd. Doch allmählich setzt sich das Bewusstsein durch, dass eine Auseinandersetzung mit dem Westen möglich und notwendig ist. Zwar stehen sie einer kleinen, jedoch aktiven neuen Elite, die "westliche Werte" in der kulturellen Entwicklung Georgiens repräsentiert, noch skeptisch gegenüber, doch sind es insbesondere politische Interessengruppen, die Persönlichkeiten mit moralischer und intellektueller Integrationskraft immer wieder erfolgreich isolieren.

Bildungsinstitutionen (Schulen, Hochschulen, Bibliotheken, Theater usw.) sind zwar aus der Sowjetzeit noch vorhanden, doch verhindern mangelnde Betriebsmittel und die desolate Infrastruktur notwendige strukturelle und inhaltliche Reformen.

Seit einigen Jahren befindet sich das Bildungswesen in einem Transformationsprozess weg von der Wissensvermittlung des Sowjetsystems hin zum Erwerb von Sozialkompetenzen, der den "mündigen Bürger" zum Ziel hat. Die Umstrukturierungen im Schulbereich greifen seit der Verabschiedung des Weltbankkredits und umfassen: Curricula und Lehrwerke, Lehrerfortbildung, Prüfungsordnungen und bildungspolitische Infrastruktur. Im Hochschulbereich wird gegenwärtig an einem neuen Hochschulrahmengesetz gearbeitet, an dem der Europarat beteiligt ist.

Die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Strukturen der Erwachsenenbildung und des lebensbegleitenden Lernens sind in allen drei südkaukasischen Ländern schwierig, weil diese Bereiche als vierte Säule des Bildungswesens in diesen Gesellschaften (noch) keinen Stellenwert haben. Das in der Sowjetunion vorhandene Netz an Erwachsenenbildungsinstitutionen ist fast vollständig zusammengebrochen. Demgegenüber wächst - kennzeichnend für Transformationsländer - auf dem Arbeitsmarkt in vielen Berufsfeldern der Bedarf an neu und bedarfsgerecht qualifizierten Arbeitskräften, die das staatliche und herkömmliche Bildungssystem nicht mehr garantieren kann. Folge ist, dass eine Ausbildung - ob akademisch oder nicht-akademisch - oft in die Arbeitslosigkeit führt, weil die erworbenen Abschlüsse nicht wirklich für den Bedarf am Arbeitsmarkt qualifizieren. Für Georgien weist die offizielle Arbeitslosenstatistik über 60 Prozent arbeitslose Akademiker aus.

Hinzu kommt, dass Georgien noch immer vom internationalen Buchmarkt abgeschnitten ist und sich ein eigenes Verlagswesen erst mühsam aufbauen muss. Das Internet ist nur wenigen Georgiern in der Hauptstadt zugänglich und auch nur dann, wenn es die störungsanfällige Stromversorgung zulässt. Ein unabhängiges Pressewesen entwickelt sich erst langsam als Medium gesellschaftlicher Orientierung.

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